Höhepunkt der Inflation könnte in Europa überschritten sein

Gabriele Foà, Algebris Investments
Gabriele Foà / Bild: Algebris Investments
Die Inflation in der Eurozone ist im November schwächer ausgefallen als erwartet. Der Verbraucherpreisindex fiel im Vergleich zum Vormonat um 0,1 Prozent. Die Inflationsrate lag damit bei 10 Prozent im Jahresvergleich, während die Märkte 10,4 Prozent erwartet hatten. Die Kerninflation blieb mit 5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat stabil.

Die Daten überraschten auf breiter Basis: Sämtliche Länder mit Ausnahme Frankreichs veröffentlichten niedrigere Inflationsdaten als prognostiziert. Die größte Überraschung gab es in Spanien, wo die Inflation jetzt unter 7 Prozent liegt – und damit 4 Prozentpunkte unter dem Höchststand von 11 Prozent im Sommer. Italien weist mit über 12 Prozent weiterhin die höchste Teuerung auf.

Höhepunkt der Inflation vorbei

Der leichte Rückgang der Inflationsrate ist vor allem auf Energie und Nahrungsmittel zurückzuführen, die einen Teil des starken Preisanstiegs im Oktober wieder abgegeben haben. Außerdem sind die Gaspreise seit September stark gesunken. Die Kerninflationsraten sind im Allgemeinen stabiler als in den vergangenen beiden Monaten, aber zunächst nicht rückläufig. Wir sahen im Oktober wahrscheinlich den Höhepunkt der Inflation in Europa, wobei die Gesamtinflationsrate in den kommenden sechs Monaten auf 7 Prozent zusteuert.

Angesichts dieser jüngsten Daten wird die Europäische Zentralbank (EZB) das Tempo der Zinserhöhungen wahrscheinlich von 0,75 Prozent bei ihrer letzten Sitzung auf 0,5 Prozent im Dezember verlangsamen. Die meisten Befürworter einer restriktiveren Geldpolitik im EZB-Rat werden weiterhin auf größere Zinserhöhungen drängen. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass diese zustande kommen: Die Inflation hat keine neuen Höchststände erreicht und auch die US-Notenbank wird ihren Zinserhöhungszyklus verlangsamen. Wir gehen nach wie vor davon aus, dass der EZB-Leitzins bis Mitte 2023 bei nahe 3 Prozent liegen wird. Das ist nicht weit entfernt von dem, was die Marktteilnehmer derzeit erwarten.
Gabriele Foà ist Portfoliomanager bei Algebris Investments