Vorsicht, Falle? Ölpreisdeckel kann teuer werden

Dr. Johannes Mayr, Eyb & Wallwitz
Dr. Johannes Mayr / Bild: Eyb & Wallwitz
Mit dem Preisdeckel auf russische Ölexporte wollen EU und G7 den Energiepreisschock dämpfen und Russland sanktionieren. Das kann gelingen. Viel hängt aber von der Rolle Chinas ab. Und auch die OPEC steht unter Entscheidungsdruck. Ein Bruch des Kartells ist nicht ausgeschlossen. Gleichzeitig besteht das Risiko, dass der Preisdeckel die Ölpreise global sogar steigen lässt. Die Spieltheorie legt nahe, dass die westlichen Länder ihre Gestaltungsmacht nicht überschätzen sollten.
 
Die Ziele sind klar, der Weg auf den ersten Blick naheliegend. Die G7-Staaten wollen mit einem Preisdeckel auf russische Ölexporte den Energiepreisschock auf die eigene Wirtschaft dämpfen und gleichzeitig Russland als Reaktion auf den Angriffskrieg gegen die Ukraine sanktionieren. Erfolgsaussichten und Nebenwirkungen hängen aber stark von den Reaktionen Russlands, Chinas und der OPEC ab. Deshalb lohnt eine spieltheoretische Betrachtung.

Die Krux der mehrstufigen Entscheidungen

Mit der Entscheidung einer Preisdeckelung haben die westlichen Staaten ihren Zug gemacht. Der Preis für russisches Öl soll deutlich unter dem aktuellen Weltmarktpreis liegen. Bereits heute verkauft Russland einen Teil seiner Produktion mit deutlichen Preisabschlägen an China, Indien und die Türkei. Die Wirkung eines Preisdeckels auf Russland hängt zunächst von der Reaktion Chinas (und weiterer Abnehmer des russischen Öls) ab. Es ist davon auszugehen, dass diese Länder – trotz teils entgegengesetzter strategischer Ziele – sich aus ökonomischem Interesse diesem Preisdeckel anschließen. Das erste Ziel der G7 wäre damit erreicht. Es entstünde ein Nachfragekartell gegenüber Russland, dessen Preismacht wäre genommen. Die Putin-Administration hat dann die Wahl zwischen zwei ungünstigen Alternativen. Sie kann diese Preisobergrenze akzeptieren, oder aber die Ölexporte (temporär) einstellen. Im ersten Fall würde der Ölpreis für die G7 sinken, denn auch die OPEC würde unter Druck geraten, da eine Preisdiskriminierung eines einzigen Kartell-Mitglieds nicht funktionieren wird. Aus diesem Grunde hat sich auch Saudi-Arabien vehement gegen einen Preisdeckel für russische Exporte ausgesprochen. Das Kartell würde dadurch noch instabiler und könnte sogar zerbrechen, worüber die G7-Staaten nicht unglücklich wären. Bei einem Wegfall des russischen Ölangebots wäre dagegen von einem Anstieg der globalen Ölpreise auszugehen, da die OPEC diesen Ausfall mengenmäßig wohl nicht kompensieren würde.

Eigene Karten nicht überschätzen

Ob der Preisdeckel die beiden Ziele – Senkung der Energiekosten und Sanktionierung Russlands - erfüllen kann, hängt also weniger an seiner technischen Ausgestaltung, sondern vielmehr an den Reaktionen der anderen Akteure. Das macht eine Prognose schwierig. In jedem Fall sollten EU und G7 die eigenen Karten nicht überschätzen.
Dr. Johannes Mayr ist Chefvolkswirt der Eyb & Wallwitz Vermögensmanagement GmbH, einem der größten in Deutschland für die Finanzportfolioverwaltung zugelassenen unabhängigen Verwalter mit Sitz in München und Frankfurt.