Prof. Dr. Bernd Meyer /Bild: Berenberg
Die Erholungsrallye Anfang Juni war kurz. Dafür gab es mehrere Gründe. Zum einen haben die Mai-Inflationszahlen in den USA deutlich nach oben überrascht und damit gezeigt, dass wir immer noch von einem Inflationshöhepunkt entfernt sind. Zudem betonten die wichtigen Zentralbanken während ihrer Juni-Sitzungen, dass die Inflationsbekämpfung im Vordergrund steht und eine straffere Geldpolitik für längere Zeit vonnöten sei, um über die Nachfrageseite die Inflation einzudämmen. Eine deutliche Wirtschaftsabkühlung wird somit immer wahrscheinlicher. Da zeitgleich den Kapitalmärkten immer mehr Liquidität entzogen wird, sind zuletzt fast alle Anlageklassen gefallen. Der Effekt wurde sogar noch durch den starken Volatilitätsanstieg verstärkt, der dazu führt, dass viele Anleger qua Risikomanagement ihre Investmentpositionen reduzieren. Da die Zentralbanken vorerst restriktiv bleiben und die Volatilität nicht so schnell fallen dürfte, erwarten wir keine schnelle, V-förmige Erholung, wie es in den vergangenen Krisen oft der Fall war.
Kurzfristiger Ausblick: Geopolitik im Vordergrund
Nach etlichen Zentralbanksitzungen in den letzten Tagen, wird es in den nächsten Wochen geldpolitisch wieder etwas ruhiger. Dafür rücken geopolitische Diskussionen wieder mehr in den Vordergrund. Am Donnerstag treffen sich die Regierungschefs der EU, um über den Beitritt der Ukraine zu verhandeln und am Sonntag beginnt der G7-Gipfel in Elmau (Bayern). Am Dienstag werden die Verkäufe für bestehende Häuser (Mai) und am Freitag für Neubauten (Mai) in den USA veröffentlicht. Am Donnerstag folgen der Insee-Geschäftsklimaindex (Jun.) für Frankreich, die vorläufigen PMIs für die Industrie und Dienstleistungen (Jun.) für die Eurozone, Großbritannien und die USA, sowie die Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung in den USA. Am Freitag werden der Ifo-Geschäftsklimaindex (Jun.) und nächsten Mittwoch die vorläufigen Inflationsdaten (Jun.) für Deutschland veröffentlicht. In den Tagen darauf folgen die Inflationsdaten (Jun.) für Frankreich, Italien und die Eurozone.
- Seit Jahresanfang ging es nur bergab. Zuerst Inflations- und Zinssorgen und nun Rezessionsängste. Aktien sind zuletzt sogar in den Bärenmarkt eingetreten. Aber nicht nur Aktien litten unter dem Umfeld. Anleihen oder Wandelanleihen fielen ähnlich stark.
- Die gute Nachricht ist, dass nun einiges an schlechten Nachrichten eingepreist ist. Der Weg nach unten könnte sich bei weiterhin schlechten Nachrichten zwar fortsetzten, die Fallhöhe dürfte nun jedoch deutlich begrenzter sein.
Ausgewählte Asset-Klassen
- Brent hielt sich über die letzten vier Wochen sowie seit Jahresbeginn weiterhin als die stärkste Anlageklasse. Auch der US-Dollar, welcher von der restriktiveren US-Zinspolitik profitierte, gewann leicht dazu. Gold – im Spannungsfeld zwischen Rezessionssorgen und Zinspolitik – konnte leichte Gewinne verbuchen.
- Zinssensitive REITs waren mit Verlusten von über 7 Prozent mit die schlechtesten Performer über die letzten vier Wochen.
- Die globalen Aktienmärkte blieben auch über die letzten vier Wochen stark belastet. Alle hier dargestellten Regionen verbuchten Verluste.
- Zuletzt erwischte es neben den Zyklikern nun auch die höher bewerteten defensiven Aktien
- Auch die Anleihemärkte verbuchten über den letzten Monat mit der Ausnahme von China Verluste.
- Besonders schwer hat es die europäischen Segmente getroffen. EM-Staatsanleihen halten sich angesichts der Rezessionssorgen bisher erstaunlich gut.
Prof. Dr. Bernd Meyer ist Chefstratege Wealth and Asset Management bei
Berenberg.
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Datum: 20. Juni 2022.