Ja, Hoffnungsschimmer sind an der Börse vorhanden. Allerdings haben sie sich noch wenig materialisiert. Eine Schwalbe macht eben noch keinen Sommer.
Und für viele Anleger ist die Großwetterlage noch zu riskant. Den Vogel schießt dabei die Bank of America ab. Sie geht davon aus, dass die Aktien-Baisse erst Mitte Oktober endet. Bis dahin könnte der
S&P 500 bei 3.000 Punkten und der Nasdaq Composite bei 10.000 Punkten stehen. Wow!
Ohne Zweifel ist die weitere Entwicklung im Ukraine-Konflikt und seine Folgen für die Energieversorgung und -preise ein fundamental klares Aktienrisiko. Zwar hat der russische Präsident anlässlich der Militärparade am 9. Mai keine weitere Eskalationsstufe gezündet. Manche Kreml-Astrologen leiten daraus sogar eine versteckte Gesprächsbereitschaft ab. Das bisherige Verhalten Putins und sein „Sendungsbewusstsein“ sollte jedoch wenig Hoffnung auf echte Kompromissbereitschaft machen.
Dennoch ist die allgemeine Anlegerstimmung bereits sehr pessimistisch mit Tendenz zu Extremwerten. Die Börsen preisen zurzeit eine dramatische und lange Zuspitzung der ökonomischen, geld- und geopolitischen Probleme ein. Tatsächlich befindet sich die absolute Mehrheit aller US-Aktien im Crash-Modus. Und die Hälfte aller Nasdaq-Titel sind mehr als 30 Prozent im Minus. Der Fear & Greed Index hat auf „extreme Angst“ umgeschlagen.
Darin liegen aber auch kontraindikative Chancen. Schauen wir auf die finanzgeschichtlichen Extreme. Während der Finanzkrise verlor der Nasdaq vom Hoch im Jahr 2007 bis zum absoluten Panik-Tief 2009 etwas mehr als die Hälfte. Beim Corona-Crash betrug der Verlust ca. 30 Prozent. Auf dem kürzlichen Tiefpunkt lag das Minus bei 27 Prozent. Meister-Crash-Proper hat also bereits kräftig saubergemacht. Die Wahrscheinlichkeit von Erholungsrallyes wird daher immer größer.
Das heißt nicht, dass wir das finale Tief bereits gesehen haben. Der kürzliche Abverkauf des US-Technologieindex Nasdaq hat zwar neue Zwischentiefs gezeigt, doch fehlte noch das entsprechend hohe Volumen. Erst wenn auch noch die letzten Börsen-Bullen „kastriert“ sind und die letzten Optimisten weiße Fahne schwingend komplette Depot-Flurbereinigung betrieben haben, bauen sich starke und nachhaltige Bodenbildungen auf. Wir warten also noch auf das finale Blutbad.
Wenn sich dann auch noch die fundamentale bzw. geopolitische Situation entspannt, gibt es für den Aktienmarkt kein Halten mehr. Aus heutiger Sicht wird der Ukraine-Krieg zwar noch dauern. Es droht wohl ein Zermürbungskrieg. Doch muss es irgendwann zwangsläufig zu Friedensverhandlungen kommen. Dann hätten die Börsen freie Fahrt nach oben, zumal sich auch Energiepreise und Inflationssorgen entspannen.