Inverse US-Zinskurve ist kein Signal für eine Rezession

Evan Brown und Beate Meyer, UBS Asset Management
Beate Meyer und Evan Brown / Bild: UBS Asset Management
Zweijährige Staatsanleihen rentierten in den USA Anfang April höher als zehnjährige. Diese Inversion der Zinsstrukturkurve sagt uns allerdings nichts Neues über die wirtschaftliche Perspektive und ist kaum von Nutzen für taktische Anlageentscheidungen. Letztlich bedeute eine anhaltende Inversion in den kommenden Wochen nichts anderes als das, was die US-Notenbank Fed den Märkten bereits mitgeteilt hat: Sie wird den Leitzins in den kommenden zwei Jahren zügig auf einen neutralen Wert und etwas darüber hinaus erhöhen.

Wirtschaftliche Fundamentaldaten sind robust

Zwar sollten Anleger grundsätzlich vorausschauend agieren, allerdings sollten sie beim Deuten von Signalen der Zinskurve nicht zu vorausschauend sein. Eines Tages wird die Wachstumsphase in den USA zu Ende gehen. Im Moment sind die wirtschaftlichen Fundamentaldaten – vor allem der Arbeitsmarkt, die Auftragseingänge in der Industrie und das Gewinnwachstum – jedoch weiterhin robust. Diese Widerstandsfähigkeit, selbst angesichts der Turbulenzen auf dem Energiemarkt und des Wiederaufflammens von Covid-19 in China, deutet darauf hin, dass der von hoher Inflation begleitete Boom in den USA in absehbarer Zeit nicht enden wird. Auch wenn sich das Wirtschaftswachstum verlangsamt, halten wir das Rezessionsrisiko für gering.

Energie, Rohstoffe und europäische Banken

Das aktuelle Umfeld rechtfertigt einen ausgewogeneren Ansatz bei der Asset Allocation sowie eher einen Fokus auf Relative Value Trades innerhalb einer Asset-Klasse als auf große Wetten von Anleihen gegen Aktien. Den Anstieg der langfristigen Bond-Renditen haben wir genutzt, um unsere Short-Positionen bei Staatsanleihen glattzustellen.
 
Bei globalen Aktien halte wir eine neutrale Positionierung auf Indexebene für angemessen und erachten eine breite Streuung der Risiko-Assets im aktuellen Umfeld als wichtig. Wir bevorzugen zyklische Werte, die das Rezessionsrisiko übermäßig einpreisen oder ein strukturelles Aufwärtspotenzial aufweisen. So spiegeln sich in den Kursen europäischer Banktitel ein zu hohes Ausmaß an wirtschaftlicher Verlangsamung wider. Und Energie und Rohstoffe sind weiterhin attraktiv bewertete Segmente, die gestützt werden durch Themen wie eine sich verändernde Angebotsdisziplin der Ölfirmen und der Wandel zu erneuerbaren Energien. Brown: Ein weiterer Fokus liegt auf qualitativ hochwertigen und defensiven Marktsegmenten, in denen das Gewinnwachstum stabil bleiben dürfte, selbst wenn die wirtschaftliche Abkühlung schneller kommt, als von uns erwartet.

Die europäischen Renten- und Aktienmärkte

Aufgrund des derzeitigen Marktumfeldes, suchen Investoren verstärkt nach Lösungen, um ein ‚risk off‘ Szenario zu partizipieren. Gerade jetzt sollten Anleger auf ‚high qualities and low duration‘ setzen, um möglichen Zinserhöhungen vorzubeugen. Eine breite Diversifikation, gepaart mit einer niedrigen Korrelation, ist sinnvoll, um so flexibel wie möglich reagieren zu können.
 
Im Aktienbereich stellen sich derzeit viele Investoren aufgrund der volatilen Marktsituation eher defensiv auf. Doch Vorsicht, dies kann sich als kurzsichtig herausstellen, da viele ‚defensive‘ Aktien auf einem hohen Preisniveau gehandelt werden. Einige defensiv ausgerichtete Bereiche wie Health Care und auch Small Caps erscheinen dennoch attraktiv.
Beate Meyer ist Head of Wholesale bei UBS Asset Management (Deutschland) Evan Brown Head of Multi Asset Strategy bei UBS Asset Management.