White Paper zu Biodiversität im Investment-Prozess und Partnerschaft mit WWF-NL

Peter van der Werf, Robeco
Peter van der Werf /Bild: Robeco
Ein Positionspapier von Robeco zum Thema Biodiversität wird durch eine Partnerschaft mit dem World Wide Fund for Nature Netherlands unterlegt.
Das White Paper trägt den Titel „Robeco’s approach to biodiversity: Towards the integration of nature-related risks, opportunities and impacts in our investments“. Es wurde von Spezialisten
aus Robecos Research-Teams für aktive Einflussnahme, Klimaschutz und nachhaltige Investments verfasst und dient als Blaupause für die zukünftige Unternehmenspolitik in diesem Bereich.
 
Die Herausforderung ist allerdings so komplex, dass kein einzelner Investor sie alleine bewältigen kann. Robeco freut sich deshalb, eine neue Partnerschaft mit dem World Wide Fund for Nature Netherlands (WWF-NL) bekanntgeben zu können, die bereits bestehende Kooperationen wie das Finance for Biodiversity Pledge ergänzt.

Investoren können aktiv Einfluss nehmen

Robeco und WWF-NL arbeiten zukünftig zusammen, um biologische Vielfalt ins Assetmanagement zu integrieren. Ziel dieser Kooperation ist es, für Robeco ein Rahmenkonzept und Richtlinien für Investments in Biodiversität zu erarbeiten und gemeinsam Anlagestrategien hierfür zu entwickeln. Im Rahmen der Partnerschaft soll auch mit Kunden und anderen Stakeholdern im Finanzsektor zusammengearbeitet werden, um ein größeres Bewusstsein für dieses Thema zu erreichen, und sie dazu anzuregen und zu ermutigen, biologische Vielfalt in ihre Richtlinien zu integrieren.
 
Die tägliche Zerstörung von Wäldern, Pflanzen und Tieren durch menschliche Aktivitäten gilt als ebenso große Herausforderung wie der Klimawandel. Bei der Bewältigung von Problemen wie Entwaldung und Landnutzungsänderungen können Investoren eine Rolle spielen, indem sie aktiv Einfluss nehmen und naturbezogene Risiken (und Chancen) in ihre Entscheidungsfindung einbeziehen.

Entscheidende Rolle des Finanzsektors

Dem Finanzsektor und der Assetmanagement-Branche, zu der wir gehören, kommt eine entscheidende Rolle dabei zu, einen weiteren Verlust an biologischer Vielfalt zu verhindern. Es geht hier nicht um ein schönes Extra im Kontext von nachhaltiger Kapitalanlage. Stattdessen liegen die formulierten Ziele im langfristigen Interesse unserer Kunden und unserer Investment-Performance. Wir sehen es daher als unsere Pflicht an, unser Bestes zu geben, um unseren Einfluss zum Erhalt
des Planeten geltend zu machen.
 
Robeco befasst sich schon seit Jahren mit Fragen der Biodiversität. Dies geschieht im Rahmen eines speziellen Programms für aktive Einflussnahme, um der Abholzung von Wäldern zur Rohstoffgewinnung entgegenzuwirken, durch unsere Richtlinien zu Palmöl und die Einstufung von biologischer Vielfalt als einen wesentlichen Faktor in unserem ESG-Integrationsprozess.
 
Es steht jedoch außer Frage, dass wir noch viel mehr tun müssen in Bezug auf eine weitere aktive
Einflussnahme wie auch eine systematische Einbeziehung dieses Faktors in unsere Anlageentscheidungen. Es geht nicht mehr nur darum, Unternehmen zu meiden, die durch ihre umweltschädlichen Aktivitäten für den Verlust von biologischer Vielfalt verantwortlich sind. Wir müssen auch diejenigen Unternehmen unterstützen, die sich um den Schutz der biologischen Vielfalt bemühen, und mehr Kapital in solche nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen lenken.

Hohe Dringlichkeit

In dem White Paper wird ausgeführt, welche Dringlichkeit biologische Vielfalt für den Planeten und die zukünftige Stabilität des Wirtschaftslebens hat. Nach Schätzungen des Weltwirtschaftsforums hängt mehr als die Hälfte der weltweiten Wirtschaftsleistung in Höhe von 44 Billionen US-Dollar auf die eine oder andere Weise mäßig bis stark von der Natur ab. Das bedeutet: Ein Zusammenbruch ökologischer Systeme hat auch einen Zusammenbruch unserer Wirtschafts- und Finanzsysteme zur Folge.
 
In dem White Paper wird beschrieben, welche finanzielle Bedeutung dies für Investoren hat: Eine Auswertung von Daten aus dem von der Finanzinitiative des Umweltprogramms der Vereinten Nationen entwickelten ENCORE-Tool (Exploring Natural Capital Opportunities, Risks and Exposure) hat ergeben, dass etwa ein Viertel des von Robeco verwalteten Vermögens in hohem Maße von mindestens einer Ökosystemdienstleistung abhängig ist.
 
Ähnlich wie bei anderen Akteuren in der Finanzbranche ergab diese Bewertung, dass rund 29 Prozent von Robecos Investments auf Sektoren entfallen, die potenziell erhebliche Auswirkungen auf die
Haupteinflussfaktoren des Biodiversitätsverlusts haben. An vorderster Stelle stehen dabei die Nutzung von Land und Süßwasser, gefolgt vom Klimawandel, der Umweltverschmutzung und direkten Beeinträchtigungen.
 
Dies macht deutlich, dass biologische Vielfalt für Investoren ein sehr wichtiges Thema ist und in der gesamten Finanzbranche Handlungsbedarf besteht, um sicherzustellen, dass Kapitalanlagen dazu beitragen, die Ziele des Übereinkommens über die biologische Vielfalt zu erreichen.

Überschreiten planetarischer Grenzen

Im Jahr 2009 leitete Johan Rockström vom Stockholm Resilience Centre ein Team von international renommierten Wissenschaftlern, um neun Prozesse zu identifizieren, welche die Stabilität und Belastbarkeit des Erdsystems regulieren. Die Wissenschaftler schlugen quantitative planetarische Grenzen vor, innerhalb derer sich die Menschheit noch über viele Generationen entwickeln und gedeihen kann.
 
Ein Überschreiten dieser Grenzen erhöht das Risiko, dass es zu weitreichenden, plötzlichen oder nicht
umkehrbaren Veränderungen der Umwelt kommt. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zeigen außerdem, dass durch die unvermindert fortgesetzte unnachhaltige Entwicklung der Menschheit und die wachsende Bedrohung durch den Klimawandel zwei der neun planetarischen Grenzen, nämlich der Erhalt der Biosphäre und der Stickstoffeintrag in diese, bereits überschritten worden sind.
Eine solche Grenzüberschreitung bedroht das gesamte Leben auf der Erde. Quelle: „Planetare Grenzen: Ein sicherer Handlungsraum für die Menschheit“.

Die Natur in der Krise

"Die Natur steckt in einer Krise: Nie zuvor in der Geschichte der Menschheit hat die biologische Vielfalt so schnell abgenommen wie heute“, sagt Aaron Vermeulen, Director Green Finance beim WWF-NL. Wegen des vom Menschen auf die Natur ausgeübten Drucks ist die schwindelerregende Zahl von einer Million Arten vom Aussterben bedroht – viele davon innerhalb weniger Jahrzehnte. Eine veränderte Land- und Wassernutzung, die direkte Ausbeutung von Organismen, Umweltverschmutzung und die Verbreitung invasiver Arten bedrohen viele Ökosysteme.
 
Die Krise der Natur ist allerdings kein isoliert zu betrachtendes Problem. Der Klimawandel verstärkt die zum Verlust von Natur führenden Antriebskräfte, was wiederum unsere Fähigkeit mindert, CO₂ aus der Atmosphäre zu nehmen und so dem Klimawandel entgegenzuwirken. Dieser negative, in sich geschlossene Wirkungskreisverringert auch unser Vermögen, den Auswirkungen des Klimawandels standzuhalten, weil uns geschädigte Ökosysteme nicht so gut vor Naturereignissen schützen wie gesunde.
 
Das in diesem White Paper vorgestellte interne Biodiversitätskonzept von Robeco ist ein echter Schritt nach vorne. Ziel dieses Konzepts ist es, im Unternehmen naturbezogene Aus- und Wechselwirkungen zu verstehen und damit umzugehen. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Robeco, um eine robuste Umsetzung zugewährleisten.

Stärkere Zusammenarbeit

Diese Zusammenarbeit ist von grundlegender Bedeutung, um die für den Fortschritt benötigten Daten und Werkzeuge zusammentragen beziehungsweise entwickeln zu können. Robeco gehört zu den ersten Unternehmen, die der vom WWF und anderen gegründeten Task Force for Nature-Related Disclosure (TNFD) beigetreten sind. Diese hat es sich zum Ziel gesetzt, ein Rahmenkonzept zu entwickeln, mit dem Finanzinstitute naturbezogene Risiken und Chancen in ihre strategische Planung, ihr Risikomanagement und ihre Asset Allocation einbeziehen können.
 
Robeco hat 2020 das Finance for Biodiversity Pledge unterzeichnet und sich damit verpflichtet, bis 2024 durch Finanzaktivitäten und Investments einen Beitrag zur Bewahrung und Wiederherstellung von biologischer Vielfalt zu leisten.
 
Unsere generelle Zielsetzung besteht darin, in den nächsten Jahren in der Lage zu sein, in Zusammenarbeit mit dem WWF-NL und im Rahmen anderer Kooperationen wie dem Finance for Biodiversity Pledge als Investoren unseren Beitrag zum Schutz der biologischen Vielfalt und der Natur zu messen und zu steuern.
 
In diesem Positionspapier beschreiben wir unseren Weg dorthin – warum wir uns auf den Weg gemacht haben, was wir tun und wohin wir wollen. Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen und hoffen, dass Sie sich uns bei dieser sehr wichtigen Mission anschließen werden.
Hier können Sie das White Paper herunterladen.
Peter van der Werf ist Senior Manager Engagement beim Asset Manager Robeco.