Dividenden und Engel

Ulrich Kirstein mit der Presseschau am Freitag
Ulrich Kirstein / Bild: BBAG/Killius
An den Börsen ging es die Woche eher bergab, kurzfristige Erholungsphasen wurden gleich wieder als Verkaufsgelegenheiten wahrgenommen. Die vier apokalyptischen Reiter heißen aktuell Geopolitik, Pandemie, Inflation und Notenbankpolitik und drückten gewaltig auf die Stimmung. „Zehnjährige Bundesanleihen erstmals seit drei Jahren positiv“ (Münchner Merkur) war auch keine Schlagzeile, die Aktionäre (und Haushaltspolitiker) glücklich machte, steckte dahinter doch die Sorge um die Inflation, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung ausführte. Der Spitzenwert, so stand zu lesen, bewegte sich bei 0,02 Prozent! Man braucht Geduld, um reich zu werden damit. „Lagarde lehnt rasche Zinswende ab“ (Handelsblatt), aber das konnte die Anleger auch nicht beruhigen.

Gefallen

Die beiden Finanzmagazine geben sich in dieser Woche fast schon „monochrom“: Grün Focus Money, das passend zum Farbton für Hoffnung auf „Die besten Dividendenaktien 2022“ abzielt. Dass im Mittelalter grün auch für den Teufel stand, lassen wir besser außen vor. Das Hellblau von Börse Online steht für „Gefallene Engel“ (also würde grün besser passen, der Teufel soll ja mal ein Engel gewesen sein und wirklich böse kann schließlich nur der sein, der weiß, was gut ist, blau hingegen war im Mittelalter die Farbe des Himmels, der Keuschheit und der Treue!). Aber was waren die Gefallenen Engel? „Sieben abgestürzte Aktien mit mehr als 50 Prozent Kurspotenzial“! Nun, warum nicht mal auf die Underdogs setzen nach dem Motto: Es kann nur besser werden (der Teufel jedoch schaffte diesen Aufstieg bekanntlich nicht).

Ikonographie

Eine Titelseite für gewitzte Ikonographen liefert hingegen die aktuelle WirtschaftsWoche: Wladimir Putin mit einer Art Gloriole über dem Haupt, die einerseits an den Kranz der Freiheitsstatue erinnert, andererseits auch die Platte eines Gasherdes bedeuten könnte. Putin wird im Camouflage-Kampfanzug gezeigt – nun, der Heilige Wladimir war auch ein mehr als streitbarer Fürst, die längste Zeit seines Lebens Heide und mit sieben Frauen verheiratet – offensichtlich ebenfalls ein Kraftprotz! Zurück zum Heft, wir neigen heute zum Abschweifen: Unter Putin steht: „Deutschlands Dealer“, denn Berlin stecke mitten in der Ukrainekrise in der Putin-Falle fest. In der lockt aber kein Käse, sondern Öl und Gas.

Bobby

Wer kennt es nicht, es fährt – bis auf den Fahrer – CO2-frei und hat eine klassische Linienführung, was man heute nicht mehr jedem Auto attestieren möchte, und wird gerne despektierlich „Rutschauto“ genannt: Das Bobbie-Car. Zum Leidwesen kinderloser Nachbarn fährt es keinesfalls Dezibel-frei, obwohl es Flüsterräder gäbe, die sich jedoch genauso wenig durchsetzen konnten wie Schuhschoner, zur Freude der Schuhhändler. Jetzt wurde das Bobbie-Car 50 Jahre alt. Meist war es rot mit roter, oft kaputter, Hupe im weißen Lenkrad, seltener auch grün – heute gibt es Varianten vom Feuerwehrauto bis zum schicken Designerstück. Mehr als 20 Millionen Exemplare hat der Hersteller Big bisher verkauft, so die Abendzeitung unter „Ein besonderer Flitzer“ und der Konzern sieht kein Nachfrageproblem. Es gibt Erwachsene, die darauf Rennen fahren mit bis zu 100 km/h – wundern Sie sich also nicht, wenn sie auf abschüssiger Landstraße von einem Rutschauto überholt werden.

Geld

Eine Überschrift aus der Abendzeitung brachte uns ins Grübeln: „Geld zieht uns an – und stößt uns gleichzeitig ab“ stand da zu lesen. Bisher hatten wir immer das Gefühl, es läuft irgendwie anders, während wir Geld ja durchaus anziehend finden, stößt es sich von uns immer ab. Der Artikel brachte ein Interview mit einer Finanzpsychologin, die die Empfehlung ausspricht, sich die mit Geld zu erreichenden Ziele besser zu visualisieren, um die unangenehmen Gedanken ums Geld zu umschiffen. Also, nicht an spröde Altersvorsorge denken, sondern daran, wie wir am Strand liegen oder auf Berge klettern, soweit es Ischias und Rheuma noch zulassen.

Verdienst

Früher, sehr viel früher, gab es das heitere Berufe raten „Was bin ich“ mit Robert Lembke. Im Mittelpunkt stand ein „Schweinderl“, und für jede falsche Antwort des Rateteams warf Herr Lembke 5 Mark hinein, wenn wir uns recht entsinnen (es ist wirklich lange her). Das Manager Magazin online hat jetzt so eine Art heiteres „Wer-verdient-mehr“ Quiz veranstaltet und gefragt, „Verdient die Pflegekraft mehr oder weniger als der Papst?“ Wir wollen die Ergebnisse nicht verraten, das ist sonst in etwa so, wie wenn man den Schluss eines Krimis vorab erzählt. Nur eine Bemerkung sei erlaubt: Die Pflegekraft hat wahrscheinlich sehr viel mehr Möglichkeiten, ihr Geld auch auszugeben, als der Papst, den man selten beim Shoppen erlebt!

Taxi

Schmerzhaft stellen wir uns vor, was eine Überschrift in Die Welt verspricht: „Testzentrum für Lufttaxis“. Denn in Empfingen in Baden-Württemberg soll ein „Crashtest-Zentrum für Lufttaxis“ entstehen. Wir hoffen, es werden ausschließlich flugfähige Dummies eingesetzt, empfehlen der dortigen Bevölkerung jedoch beim Wandern das Tragen von Helmen, zumindest werktags. Uns persönlich reicht die normale Fahrt mit dem Taxi durch München als Crashtest, als Dummie sitzen wir da lieber hinten.