Sieben Vorurteile gegen Japan-Investments auf dem Prüfstand

John Vail, Nikko Asset Management
John Vail / Bild: Nikko Asset Management
Wir kennen die Vorbehalte europäischer Anleger gegen ein Investment in Japan nur zu gut. Viele davon können wir jedoch entkräften:

1. Japans Bedeutung schrumpft

Im Gegenteil: Japan wird immer wichtiger. Das Land kontrolliert wichtige Technologien sowie wesentliche Komponenten und Rohstoffe für deren Herstellung. Insbesondere gilt das für „Grüne Technologien“ und Halbleiter. Neben der Produktion von modernsten Halbleitern dominiert Japan auch einige der wertschöpfungsstärksten Teile des Halbleiterproduktionsprozesses. 
 
Im Jahr 2018 stammten rund 15.000 internationale Patente im Zusammenhang mit der Dekarbonisierung aus Japan. Damit lag das Land deutlich vor den USA. Seit 2009 nimmt Japan jedes Jahr diesen Spitzenplatz ein (Quelle: Nationales Institut für Umweltstudien in Japan). Darüber hinaus hat Japan seit 2001 die meisten internationalen Patente im Bereich der Wasserstoff-Energie angemeldet. Eine führende Rolle spielt Japan auch auf dem wichtigen Zukunftsfeld der Leistungshalbleiter – eine energieeffiziente Technologie, deren Nachfrage stark ansteigen wird.
Vor dem Hintergrund der verstärkten militärischen Aktivitäten Chinas unterstützen die USA Japan militärisch mehr denn je. Beide Länder verstärken ihre gegenseitige Abhängigkeit in kritischen Bereichen der Lieferkette und arbeiten bei der Verschärfung der Exportkontrollen eng zusammen. Protektionismus und Druck zur Währungsaufwertung auf Japan seitens der USA dürften ausbleiben. Außerdem dürfte China davon absehen, Japan oder seine Unternehmen aggressiv anzugehen.

2. Schrumpfende Bevölkerung = kleinere Gewinne

Japans Bevölkerung ist seit langem rückläufig. Länder mit hoher Produktivität und steigender Erwerbsbeteiligung können diese demografische Herausforderung jedoch meistern. In Japan korreliert die Zahl der Arbeitskräfte mit den Unternehmensgewinnen seit fast zwei Jahrzehnten negativ. Bedeutende Verbesserungen in der Unternehmensführung haben die Gewinne zusätzlich beflügelt.

3. Langsames Wachstum und No-flation = schwache Gewinne

Die Demografie ist oft ein Faktor hinter langsamem Wirtschaftswachstum. Japan blickt jedoch zurück auf eine 20-jährige Hausse bei den Gewinnmargen, die lediglich während der globalen Krisen unterbrochen wurde. Dahinter stehen verbesserte Technologien, eine bessere Unternehmensführung und globales, insbesondere asiatisches, Wirtschaftswachstum. Das Wachstum der Nettogewinnmargen profitierte zusätzlich von Steuersenkungen für Unternehmen, und das EPS-Wachstum wurde durch kräftige Rückkäufe zusätzlich gesteigert.

4. Länder mit hohen Schulden sind zum Scheitern verurteilt

Sicherlich sind hohe Schulden im Verhältnis zum BIP kein Vorteil. Aber Japan beweist, dass man ein Jahrzehnt hervorragender Renditen verpassen kann, wenn man sich als Anleger darüber zu viele Gedanken macht.

5. Die BOJ hat zu viele ETFs

Die ETF-Käufe der japanischen Notenbank BOJ sind in diesem Jahr zurückgegangen. Die große Mehrheit der Strategen erwartet, dass die BOJ ihre Bestände in einer Weise verkaufen wird, die sich nicht negativ auf den Markt auswirkt (es sei denn, sie will eine Blase verhindern).

6. Japan kümmert sich nicht um Aktionäre

Nach allen Maßstäben sind Japans Gesamtdividenden und Aktienrückkäufe in die Höhe geschnellt. Beides kommt Aktionären zugute.

7. Ausländische Investoren dominieren Tokios Aktienmarkt

Früher traf dies grundsätzlich zu. Die letzten beiden großen Erholungen (Mitte 2016 bis Anfang 2018 und der Aufschwung seit dem Corona-Tiefpunkt) fanden trotz vernachlässigbarer ausländischer Käufe statt. In Japan entwickelt sich eine solide inländische Aktienkultur. Diese basiert auf der Tatsache, dass der Markt in Tokio einem inzwischen 10-jährigen Aufwärtstrend folgt – genauso wie andere entwickelte Märkte mit spärlichen Anlagealternativen. In der Zwischenzeit sind für die meisten Anleger in Japan, insbesondere die jüngeren, die historischen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Blase der 1980er Jahre bedeutungslos.
John Vail ist Chief Global Strategist bei Nikko Asset Management