Die Elf für die zweite Hälfte

Ulrich Kirstein mit der Presseschau am Freitag
Ulrich Kirstein / Bild: BBAG/Killius
Zu den Highlights der Woche – von Fußball einmal abgesehen, und da wäre das Wort „Highlight“ für Deutschland ziemlich unangebracht – gehörten beispielsweise die Börsengänge von Cherry („Cherry testet die Investorenlaune“, so die Börsen-Zeitung) oder Mister Spex (mit „moderaten Gewinnen“ laut boerse-online.de) und überhaupt die Meldungen, dass in Sachen IPOs das erste Halbjahr 2021 in Deutschland herausragend war: „Stärkstes Halbjahr für Börsengänge seit 2000“, wie eine viel zitierte PwC-Studie überschrieben war. Eine hübsche Überschrift bescherte die Börsen-Zeitung auch noch in Sachen internationale IPOs mit „Uber-Rivale Didi legt Kavalierstart an der Börse hin“. Für meine Generation steht „Didi“ wohl eher für die „Dödel“-Filme mit Dieter Hallervorden als für einen hippen Fahrdienstvermittler. „Das unrühmliche Ende einer Ära“ war aber die Nachricht der Woche, wie das Handelsblatt das Ausscheiden der deutschen Mannschaft überschrieb. Nachdem heute vor sechzig Jahren Ernest Hemingway aus dem Leben schied, zitieren wir zum Rücktritt des Bundestrainers einen seiner Buchtitel: "Wem die Stunde schlägt", denn "Der Sieger geht leer aus" bezog sich schon auf die letzte WM.

Halbzeit

Mit „Halbzeit“ macht Börse Online die aktuelle Ausgabe auf und zeigt den Mittelkreis eines Fußballfeldes, dabei hätten wir uns doch so sehr eine Verlängerung gewünscht! Gemeint sind aber „11 Top-Investments für die zweite Jahreshälfte“. Damit will die Redaktion eine Elf aufstellen, die sich behauptet in einer „Phase geld- und realpolitischer Weichenstellungen“. Also keine "Flick-Schusterei"!
 
„Wie Sie ohne Kursrisiko in Dividenden-Aktien anlegen!“ lautet der Titel von Focus-Money, der außer einer Glühbirne mit Euro-Zeichen, die wir nicht recht zu deuten wussten, keine grafische Aufmachung benötigte. Ähnlich Kopfzerbrechen bereitete uns die Titelgrafik der Juli-Ausgabe von rendite. Das Anlagemagazin der Börsen-Zeitung: Ein aufgeklapptes Taschenmesser wollte uns auf Anhieb nichts sagen. „ETFs. Die Alleskönner“ war die Überschrift dazu. Immerhin kann ein Taschenmesser ja Dosen und Flaschen aller Art öffnen und einiges abschneiden, hoffentlich nicht unsere Rendite.

Eigentor

„Über Sinn und Unsinn von Fußballanalogien“ philosophiert Lars Vollmer in Capital. Viele lieben es, Analogien zum Fußball aufzustellen, um komplexe Sachverhalte zu erläutern oder allzu Vorlauten "die rote Karte" zu zeigen. Allerdings, es kommt durchaus vor, dass dabei echte Eigentore herauskommen. So warnt Vollmer auch vor allzu platten Anspielungen. „Die Null muss stehen“, beispielsweise, hilft meist nicht weiter, für Referenten ist es sogar ein klassisches Eigentor, schließlich steht meist nur der Redner!

Kaffee im Tank

Unter der nicht einfachen Überschrift „Ich hab die Sieben, Windeln und ein belegtes Brötchen“ veröffentlichte Die Welt eine Untersuchung zum Einkaufsverhalten in Tankstellen. Wenig überraschend kam dabei heraus, dass weder Wurst noch Käse noch vegane Produkte die Verkaufsschlager sind, sondern kalte Getränke, Snacks und Süßigkeiten. Aber hätten Sie gewusst, dass die Tankstellen-Kette Aral mehr Kaffee to Go verkauft als Starbucks & Co? Immerhin, noch immer ist der Hauptgrund, eine Tankstelle anzufahren, das Tanken!

Banker mit Kultur

Einen eigenen Sonderteil widmete die Börsen-Zeitung dem Thema „Finanzen & Kultur“. Dass Banker kulturlose Finanzhaie seien, wurde so auf vier Seiten eindeutig widerlegt. „Mehr als ein menschliches Grundbedürfnis“ seien Kunst und Kultur, so Anna Herrhausen von der Deutschen Bank. „Eine Bank lebt nicht vom Geld allein“, brachte es hingegen Thomas A. Lange von der National-Bank AG auf den Punkt. Er erinnerte an die Medici und man könnte noch, neben anderen, die Augsburger Fugger erwähnen. Als Münchner sollte man beiden Geschlechtern dankbar sein: die letzte Medici heiratete den Kurfürsten von der Pfalz und sorgte in Düsseldorf für eine blühende Kunstsammlung, die heute den Kernbestand der Alten Pinakothek in München bildet. Johann Jakob Fugger, ein manischer Büchersammler und glückloser Kaufmann, veräußerte seine Bibliothek dem bayerischen Kurfürsten, dort bildet sie einen wichtigen Teil der Bayerischen Staatsbibliothek.