Kursraketen mit Spätzünder

Ulrich Kirstein mit der Presseschau am Freitag
Was waren die Themen der Woche? Das mühsame Weiterkommen der deutschen Mannschaft hat mehr Nerven gekostet als die Börsenwoche – man braucht schon Humor, um die Schlagzeile der Abendzeitung nicht als Sarkasmus zu empfinden: „GoretzJA! Der Spaß geht weiter“! Der Drang an die Börse bleibt ungebrochen, Bike24 strampelte sich aufs Parkett: „erfolgreiches Börsendebut“ attestierte Börse Online. Der Abschlussbericht zu Wirecard wurde nach neun Monaten vorgelegt und jede Partei gab ihren unterschiedlichen Kommentar dazu ab: „Wirecard spaltet Große Koalition“ titelte die taz. Das Wahlprogramm der Union? „Versprechen mit Vorbehalt“ hieß es dazu im Handelsblatt. „Aktien legen Rückwärtsgang ein“, schrieb die Börsen-Zeitung zu den aktuellen Kursverläufen, aber man kann auch rückwärts im Kreis fahren.

Börsen-Alarm

Und was sagen uns die Titelblätter der Finanzmagazine? Bei Börse Online schrillt der Wecker mit „Kauf-Alarm“: „Der Börsenboom hat längst nicht alle Aktien erfasst. Spätzünder, die jetzt durchstarten“, verspricht uns das Cover und der Inhalt lockt mit künftigen Kursraketen: Der Countdown läuft. Als personifizierter Spätzünder weckte das unser besonderes Interesse, zitiert wird im Text Robert Halver, der Anlegerinnen und Anlegern insbesondere „Mid-Caps“ ans Herz legt. Grün gibt sich Focus Money, wobei die Inspiration zur Farbe eher der 100-Euro-Schein gab als das ökologische Gewissen. Der Titel erzählt schon eine ganze Geschichte: „Wir sagen ihnen wie… Sie mit einem ETF 3-mal besser sind als der Markt … Sie mit einem Wunder-Zertifikat bei steigenden Kursen verdienen und bei fallenden nichts verlieren… Sie Ihr Geld 100 % steuerfrei anlegen … Sie 4 % Zinsen kassieren und nur kaufen, wenn die Kurse günstig sind … sie 11 % Dividendenrendite kassieren“. Und wenn uns das noch nicht reicht zum Börsenerfolg, gibt es obendrauf noch „36 weitere Tipps“. Da konzentriert sich der EURO schlicht auf „Das Jahrzehnt der Rohstoffe“. Das Titelbild der Juni-Ausgabe des SmartInvestor wollen wir noch nachreichen: „Warren und die Copycats“ überschrieben. Wollen wir nicht alle wie Warren Buffett sein, nur jünger? Da können wir mit dem aktuellen Juli-Titel „Value Revival – Rückkehr zur Normalität?“ mehr anfangen.

Glitzern

Man kennt die vielen Flaschensammler, die in öffentlichen Mülltonnen nach Flaschen fischen, um ein wenig Pfandgeld zu erhaschen. Nun hat ein Arbeiter in Botswana in einem Mülleimer etwas gesehen, so lesen wir im EURO, das keine Flasche war. Er griff trotzdem zu und es entpuppte sich als Diamant in der Größe eines Hühnereis, mehr als 1.000 Karat schwer und sicher mehrere Millionen Euro wert. Da die Wahrscheinlichkeit, in München einen ähnlichen Treffer zu landen, ausgesprochen gering ist, beschränken wir uns weiterhin darauf, etwas in Mülleimer hineinzuwerfen als herauszuholen.

Verlust

Normalerweise häufen Fonds riesige Summen an Vermögen an, auch Staatsfonds beweisen des Öfteren eine sichere Hand, man denke nur an Norwegen. Anders der deutsche Finanzmarktstabilisierungsfonds FMS. „Stabilisierung“ klingt merkwürdig, denn er weist auch für 2020 einen dreistelligen Millionenverlust auf, genau 232,6 Mio. Euro, wie das Handelsblatt (online) berichtet. Seit der Gründung 2008, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, häufte der Fonds 23,3 Milliarden Euro an Verlusten auf, wie boerse-online präzisiert. Alles in allem sind die Anteilseigner dieses "negativen Staatsfonds" die Steuerzahler.

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