Zinssenkung vor der Zinspause - Stimmen zum EZB-Entscheid

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am Donnerstag beschlossen, den Zinssatz für die Einlagefazilität um 25 Basispunkte auf 2,00 Prozent zu senken. Der Hauptrefinanzierungssatz wurde auf 2,15 Prozent und der Spitzenrefinanzierungssatz auf 2,40 Prozent angepasst. Die Anpassungen gelten ab dem 11. Juni 2025 und waren vom Markt so erwartet worden.

EZB-Zentrale in Frankfurt /Bild: EZB

Florian Heider: Allmählich ist eine Zinspause angebracht

Wie von den Märkten erwartet, hat die Europäische Zentralbank heute erneut die Zinsen gesenkt. Allmählich wäre eine Zinspause angebracht. Die Inflation hat mit 1,9 Prozent ihren Zielwert sogar etwas unterschritten. 

Eine weitere geldpolitische Lockerung scheint aktuell nicht mehr notwendig. Der Prozess einer Stabilisation der Inflation scheint abgeschlossen. Mit der achten Senkung in Folge sind die Realzinsen jetzt fast bei null und eine weitere Stimulation der Wirtschaft durch niedrige Zinsen ist im Moment nicht angebracht. Viele wirtschaftliche Probleme sind struktureller Natur. Allerdings steht die europäische Wirtschaft durch geopolitische Spannungen und dem Zollkonflikt vor Herausforderungen. Die EZB sollte sich geldpolitischen Spielraum erhalten, um bei neuen geopolitischen oder wirtschaftlichen Schocks schnell reagieren zu können.

Florian Heider ist Direktor von SAFE - Leibniz Institute for Financial Research

Simon Dangoor: Weitere Senkungen erwartet

Wie erwartet senkte die EZB die Zinsen um 0,25 Prozent, um den Einlagensatz auf 2,0 Prozent zu senken. Da die Unsicherheit im Handel weiterhin ein Risiko für das Wirtschaftswachstum im Euroraum darstellt und die zugrunde liegende Disinflation wahrscheinlich anhalten wird, erwarten wir zwei weitere Zinssenkungen, die den Zinssatz in diesem Jahr auf 1,5 Prozent senken könnten. Wir beobachten die fiskalischen Entwicklungen und die Pensionsfondsströme genau, die Anlegern im Bereich der festverzinslichen Wertpapiere Chancen eröffnen könnten.

Simon Dangoor ist Head of Fixed Income Macro bei Goldman Sachs Asset Management

Robert Halver: Breites Lächeln von Lagarde

Nachlassende Inflation und handelsbedingte Konjunkturrisiken veranlassen die EZB, ihren Einlagenzins das achte Mal auf nun zwei Prozent zu senken. Mit Aussagen zu weiteren Zinssenkungen hält sie sich zwar zurück. Doch zur Düngung der noch sehr zarten Konjunkturpflänzchen und auch zur Entlastung der überschuldeten Euro-Staaten kommt sie an mindestens einer weiteren Zinssenkung nicht vorbei. Die finanzsensiblen Werte der zweiten Aktienreihe wird es freuen.

Robert Halver ist Leiter Kapitalmarktanalye bei der Baader Bank