Hans Selleslagh, Freedom24

Sell in May and go away: 2025 besser ignorieren?

Unter Investoren kursieren mehrere Börsenweisheiten - mit teils fragwürdigem Wahrheitsgehalt. Eine der bekanntesten lautet: „Sell in May and go away but remember to come back in September”. Gemeint ist damit, dass Anleger ihre Titel vor dem Sommer verkaufen und sich den Märkten erst wieder im Herbst zuwenden sollten. Aus saisonalem Anlass beleuchten wir, woher dieses Zitat aus der Finanzwelt stammt und erklärt, warum es in diesem Jahr kaum Argumente dafür gibt, dass dieser Ansatz zum Erfolg führt.

Hans Selleslagh, Freedom24

Seinen Ursprung hat das Sprichwort in einer alten britischen Tradition, die auf die Saisonalität des Londoner Finanzplatzes zurückgeht. Im 19. und 20. Jahrhundert verließen die Aristokraten und großen Investoren die englische Metropole, um den Sommer auf dem Land oder anderswo in Europa zu verbringen. In der Folge gab es kaum wirtschaftliche Aktivität, die Marktliquidität ging zurück und die Märkte stagnierten. Traditionell kehrten sie im September in etwa zur Zeit des prestigeträchtigen St. Leger Pferderennens zurück, und dann nahm auch das Geschäftsleben wieder Fahrt auf. Daher lautet die Ursprungsform des Sprichworts eigentlich ‚Sell in May and go away, come back on St. Leger’s Day‘ und wurde in der modernen Form zu ‚Sell in May and go away but remember to come back in September‘.

Saisonale Trends alleine sind keine Anlagestrategie   

Doch führt der Rückzug im Sommer tatsächlich zu höheren Renditen? Auch wenn statistisch gesehen die Sommermonate in vielen Jahren weniger Gewinn einbringen als der Zeitraum von November bis April, hält das besagte Börsensprichwort einer Analyse historischer Daten nicht stand. Laut einer von Fidelity International durchgeführten Studie war der ‚Sell in May‘-Ansatz im Zeitraum zwischen 1986 und 2023 nur in 14 von 37 Jahren erfolgreich, während in den übrigen 23 Jahren jene Anleger, die am Markt blieben, höhere Renditen erzielten. Gerade nach dem großen Börsen-Beben Anfang April fragen sich nun viele Investoren, wie ihre nächsten Schritte aussehen sollten. In diesem Zusammenhang raten wir davon ab, den Börsen im kommenden Sommer fern zu bleiben. Trumps Zollpolitik hat die Volatilität der Aktienmärkte erhöht, was wiederum die Risiken saisonaler Ansätze wie ‚Sell in May‘ verstärkt. Plötzliche Änderungen in der Handelspolitik können sowohl starke Kursrückgänge und Kapitalabfluss, als auch Markterholungen auslösen. Das makroökonomische Umfeld zu bewerten und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen, hält er für wesentlich effizienter, als im Sommer börsentechnisch die Füße still zu halten. Schließlich könnten passive Investoren vielversprechende Möglichkeiten, oder einen günstigen Einstiegszeitpunkt verpassen. Auf eine gelungene Diversifizierung zu setzen, sei die beste Strategie, um den aktuellen Herausforderungen zu trotzen. Hier nennt Selleslagh etwa das Verhältnis zwischen Aktien, Anleihen, Rohstoffen und alternativen Anlagen im Portfolio, oder auch die ausgewählten Sektoren.

Tipps für den Mai: Wie Anleger Trumps Zoll-Krieg umschiffen  

Statt den Märkten den Rücken zu kehren, sollten die Entwicklungen im Zoll-Streit aufmerksam verfolgt und bei Bedarf an ein paar Schrauben gedreht werden. So könnte es im Mai Sinn machen, verstärkt auf Sektoren mit geringerer Volatilität zu setzen – beispielsweise das Gesundheitswesen und Basiskonsumgüter. Ebenso können Investoren auf Unternehmen umschichten, die vermeintlich weniger vom internationalen Handel abhängig sind, um die Risiken von Trumps Zollpolitik zu minimieren. Darüber hinaus sollten Anleger aus unserer Sicht teilweise Gewinnmitnahmen andenken, wenn sie das Gefühl haben, dass bestimmte Investments ihren Plafond erreicht haben. Bei Handelsplattformen, die dies anbieten, sei darüber hinaus der Einsatz von „Stop-Losses“ sinnvoll – damit werden etwaige Verluste automatisch begrenzt und das Risiko ist bei einem massiven Kursabsturz, wie dies zuletzt Anfang April der Fall war, geringer. Außerdem bleibt die Bedeutung der Zinspolitik der US-Notenbank Fed ein wichtiges Element: Hält die Fed die Zinsen weiterhin hoch, wird dies Druck auf Aktien ausüben, insbesondere auf den Technologiesektor. Eine Umschichtung in ‚sichere Häfen‘ wie Gold oder Staatsanleihen könnte dann eine gerechtfertigte Option sein. 

Was die Zölle betrifft, sollten Anleger die Verhandlungen der Trump-Regierung mit anderen Ländern, besonders mit China, den EU-Staaten und Kanada beobachten, da diese wohl einen großen Einfluss auf die Dynamik der Märkte haben. Den Automobil- und Technologiesektor erachten wir als besonders Zoll-sensitiv, hier ist für Anleger aktuell also Vorsicht geboten. 

Trotz der Bekanntheit des ‚Sell in May‘-Ansatzes bleibt dessen Wirksamkeit 2025 fraglicher denn je, insbesondere angesichts der erhöhten Volatilität, die durch Trumps Zollkrieg verursacht wird. Die Marktbedingungen ändern sich, und Saisonalität spielt eine immer geringere Rolle. Anstatt diesem Börsenspruch blind zu vertrauen, sollten sich die Anleger auf die makroökonomischen Rahmenbedingungen, die Zinssätze, geopolitische Risiken und ihre individuellen finanziellen Ziele konzentrieren.
 

Hans Selleslagh

Hans Selleslagh, Deutschlandsprecher des Online-Brokers Freedom24. Freedom24 ist ein internationaler Onlinebroker, der die Investmentplattform Freedom24, betreibt. Das Unternehmen bietet seinen Kunden direkten Zugang zu 15 globalen Börsenplätzen in den USA, Europa und Asien. Insgesamt bietet Freedom24 Zugang zu mehr als einer Million Handelsinstrumenten, darunter Aktien, ETFs, Anleihen und Aktienoptionen. Freedom Finance Europe ist eine Tochtergesellschaft des internationalen Investmentkonglomerats Freedom Holding Corp. (NASDAQ: FRHC). Offizielle Repräsentanzen und Agenturen des Unternehmens befinden sich in Deutschland, Spanien, Polen, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Österreich, Bulgarien, Griechenland und Zypern.  

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