Leben mit einem schwächeren US-Dollar

Überdies wird auf weitere Datenveröffentlichungen gewartet, um zu sehen, ob die US-Handelspolitik mit ihren Zollerhöhungen zu signifikant höheren Inflationsraten und zu schwächerer wirtschaftlicher Aktivität geführt hat. In diesem Abwarten sehen wir zur Jahresmitte keine Notwendigkeit unser makroökonomisches Bild gravierend zu ändern.
Rentenmärkte unter Druck
Vor dem Hintergrund der vielfältigen Unwägbarkeiten, Krisen und Probleme kann man durchaus über die Kapitalmarktergebnisse für das abgelaufene erste Halbjahr staunen: Viele Aktienindizes haben seit Jahresbeginn erkennbar zugelegt, und dies nach zwei herausragend guten Börsenjahren. Allerdings machten es die Perspektiven auf eine weiter steigende Staatsverschuldung in den USA und in Europa den Rentenmärkten nicht leicht. Etwas höhere Anleiherenditen sind als neues Normal an den Märkten bereits eingepreist worden. Die heftige Kritik von US-Präsident Trump an der US-Notenbank und die hieraus resultierenden Sorgen um deren Unabhängigkeit führten zusätzlich zu höheren US-Renditeniveaus. Für Euroland-Anleger belastete dagegen die abrupte und deutliche Abwertung des US-Dollars gegenüber dem Euro die Wertentwicklung ihrer globalen in US-Dollar denominierten Aktien- und Rentenanlagen.
Angesichts der anhaltend hohen Unsicherheit empfiehlt sich weiterhin eine breite Streuung im eigenen Portfolio. Das Gros der Euroaufwertung gegenüber dem US-Dollar dürfte nun hinter uns liegen, und damit auch die hieraus resultierenden währungsbedingten Belastungen für europäische Anleger. So lässt es sich also weiter mit einem schwächeren US-Dollar leben.
Volkswirtschaftliche Prognosen - Konjunktur Industrieländer
Deutschland
Die deutsche Volkswirtschaft startete mit viel Rückenwind aus dem März ins zweite Quartal. Damals hatte die deutsche Industrie von vorgezogenen Käufen der US-Importeure zur Vermeidung höherer Zölle profitiert. Danach gingen die Konjunkturindikatoren spürbar zurück. Zusätzlich zeigte sich der Einzelhandel recht schwach, sodass die „harten“ Konjunkturindikatoren derzeit das Risiko einer schwächeren Konjunktur im zweiten Quartal signalisieren. Doch das ist noch ein frühes Bild, denn zahlreiche Indikatoren werden erst noch veröffentlicht. Die Umfrageindikatoren zeichnen dagegen das Bild einer Belebung der Konjunktur auf Sicht von sechs Monaten. Der Zeitraum davor könnte angesichts der aktuellen und der drohenden Zollbelastungen allerdings schwierig werden.
Prognoserevision: –
Euroland
Nach der unerwartet guten wirtschaftlichen Entwicklung im ersten Quartal 2025 mit einem Wachstum von 0,6 Prozent im Vergleich zum Vorquartal, sind die europäischen Frühindikatoren derzeit nur bedingt hilfreich für die Wachstumsprognose für das zweite Quartal 2025. Denn das erste Quartal war durch deutliche Vorzieheffekte im Zusammenhang mit der US-Zollpolitik nach oben verzerrt. Ob bereits im zweiten Quartal die negative Gegenbewegung erfolgt, können die üblichen Frühindikatoren nicht anzeigen. Die Inflationsrate im Euroraum lag im Juni auf dem EZB-Zielwert von 2,0 Prozent. Dies kam vor allem durch einen deutlichen Rückgang der Energiepreise um 2,7 Prozent. Die Dienstleistungspreise haben um mehr als 3 Prozent zugelegt, und bei unverarbeiteten Lebensmitteln lag die Preissteigerung sogar bei mehr als 4,5 Prozent.
Prognoserevision: Aufwärtsrevision der Inflationsprognose.
USA
Die preislichen Zolleffekte lassen weiterhin auf sich warten. Die bereits für Juni vorliegenden Zolleinnahmen des Staates sind allerdings inzwischen sehr stark angestiegen. Dies bedeutet, dass bislang entweder die Exporteure oder die importierenden Unternehmen die zusätzliche Steuerlast tragen. Wir gehen davon aus, dass diese Belastung über die Sommermonate an die privaten Haushalte weitergereicht werden und hierdurch die Inflation ansteigen wird. Durch die Wirkungsverzögerung verschiebt sich auch in der Prognose der Zeitraum der konjunkturellen Schwäche. Diese terminieren wir nun für die zweite Jahreshälfte 2025. Durch die Verzögerung hat die Wahrscheinlichkeit einer Schockwirkung inklusive einer Rezession abgenommen.
Prognoserevision: Abwärtsrevision des Bruttoinlandsprodukts 2025, Abwärtsrevision der Inflationsprognose 2025 und Aufwärtsrevision 2026.
Europäische Zentralbank / Geldmarkt
Im Anschluss an ihre Sitzung vom 5. Juni gaben zahlreiche Mitglieder des EZB-Rats zu verstehen, dass sie die Normalisierung der Geldpolitik als weitgehend abgeschlossen ansehen. Dem liegen die Einschätzungen zugrunde, dass erstens die derzeitige Ausrichtung nicht mehr restriktiv ist und zweitens das Inflationsziel nur vorübergehend unterschritten wird. Einige Mitglieder des Taubenlagers halten dem entgegen, dass die EZB unter Risikogesichtspunkten eine hohe Bereitschaft beibehalten sollte, auf schwache Konjunktur- oder Inflationsdaten zu reagieren. Sofern der Zollstreit mit den USA über die Sommermonate nicht beigelegt wird, rechnen wir daher bei der Ratssitzung im September mit einer letzten Senkung des Einlagensatzes auf 1,75 Prozent. Eine darüber hinausgehende Lockerung bis in den eindeutig expansiven Bereich würden wir nur dann erwarten, falls sich ein länger anhaltendes Unterschreiten des Inflationsziels abzeichnete. Dies würde unseres Erachtens jedoch eine Verschlechterung am Arbeitsmarkt und einen deutlich geringeren Anstieg der Löhne voraussetzen.
Prognoserevision: –
Rentenmarkt Euroland
Die EZB dürfte den Einlagensatz im September auf 1,75 Prozent senken und danach für längere Zeit auf diesem Niveau belassen. Wir rechnen daher mit seitwärts bis leicht nach oben gerichteten Renditen kurzlaufender Bundesanleihen. Die Steilheit der Bundkurve spiegelt vor allem die Ausgabenpläne für Verteidigung und Infrastruktur wider. Wir gehen auch auf längere Sicht nur von überschaubaren makroökonomischen Auswirkungen aus, sodass weder die an den Rentenmärkten eingepreisten langfristigen Inflationserwartungen noch die realen Renditen von dieser Seite signifikanten Aufwärtsdruck erfahren sollten. Die Erwartung höherer Neuemissionen spiegelt sich bereits in gestiegenen Laufzeitprämien wider. Diese könnten aber noch etwas weiter zunehmen, auch vor dem Hintergrund des voranschreitenden Bilanzabbaus des Eurosystems.
Prognoserevision: –