Trump spielt hoch – und der US-Markt gewinnt

Gerade haben die USA und China sich darauf verständigt, ihren Handelskonflikt zu entschärfen, zunächst für 90 Tage die horrenden Zölle auszusetzen und auf zehn und 30 Prozent zu reduzieren. Das ist eine signifikante Entlastung und zeigt ein Verhaltensmuster, was aus dem April 2025 bekannt ist. Da wurden für den Rest der Welt die Zölle für 90 Tage ausgesetzt – was zu dem berühmten Zehn-Prozent-Anstiegstag im S&P führte. Trump 2.0 unterscheidet sich also nicht sehr von Trump 1.0. Trump geht zunächst mit wirtschaftlich sehr problematischen, negativen Forderungen in die Welt. Er schafft damit eine Verhandlungsgrundlage, ist sich selbst aber bewusst, dass er früher oder später deutlich hinter diese Ursprungsforderung zurückgehen muss. Aus seiner Sicht entsteht ein Deal, den er ohne diese anfängliche Forderung nicht erreicht hätte. So lief es bei Trump in seiner ersten Amtszeit.
Dies führte zu Volatilität, aber nie zu nachhaltigen Abwärtsbewegungen an den Aktienmärkten. Am Ende hat sich Trump dann doch auf die wirtschaftliche Vernunft zurückgezogen. Und so scheint es nun hier auch zu sein, nur mit einem höheren Einsatz. Trump spielt – und hat den Einsatz vervielfacht. Mit dem Einsatz steigt auch die Volatilität. Der Aktienmarkt scheint den Spieler zu schätzen, nach Ankündigung des China-Moratoriums stiegen die Märkte um drei Prozent. Auch wenn man den Zocker im Weißen Haus noch immer für unberechenbar hält: Die Kehrtwenden werden von den Märkten geliebt, da er offenbar nicht wirklich ernsthaft diese enormen Zölle hätte durchsetzen wollen.
Keine radikale Zolländerung
Am Ende werden sich Unternehmen und Konsumenten wohl auf eine zwar veränderte, aber nicht radikal andere Zoll-Weltordnung einstellen müssen. Zehn Prozent ist der neue Normalzoll, höher als vorher, aber nicht hoch genug, um wirklich ernsthafte wirtschaftliche, rezessive Folgen zu produzieren. Die logische Folge davon werden neue Allzeithochs im S&P und in anderen Indizes sein. Wenn das politische Kalkül der Zolldrohungen immer klarer erkennbar wird, wenn die Denk- und Verhaltensweisen der zweiten Trump-Administration sichtbar werden und dabei deutlich wird, dass es doch nur um Verhandlungen geht und nicht um eine ideologisch geprägte neue wirtschaftliche Weltordnung, dann fällt das eingepreiste Risiko aus den Börsen heraus – und der Weg nach oben ist frei. Dafür aber sind die wenigsten Investoren ausreichend positioniert.
Insbesondere zu den USA ist eine sehr defensive Positionierung vorgenommen worden. Europa wurde übergewichtet. Dies aber basierte auf der Einschätzung, dass es in den USA einen irrlichternden Präsidenten gibt, der von wirtschaftlicher Unvernunft geprägt sein Land und dessen Wirtschaft in den Abgrund führt. Europa als Alternative dazu sollte der Hort vernunftgeleiteter Politik sein.
Zusammen mit der drastischen Schuldenaufnahme in Europa waren das die Argumente der massiven Übergewichtung von Europa und der Untergewichtung der USA. Diese Einschätzung verselbstständigte sich – doch wenn zu viele daran glauben, kommt es meist ganz anders. Und genau das könnte der Startschuss sein für eine Aufholrallye von US-Aktien gegenüber europäischen Aktien. Zeit, sich wieder mit der Möglichkeit neuer Allzeithochs im US-Markt zu befassen.
Letzteres ist übrigens schon ganz gut sichtbar. Der Tag des Chinazoll-Verzichts zeigt US-Futures deutlich stärker im Plus als etwa den Dax und auch der Dollar wird stärker und nicht schwächer. Die Verhältnisse beginnen sich umzukehren gegenüber dem ersten Quartal mit seiner Europa-Stärke. Zeit, die USA wieder stärker zu gewichten.