Der US-Fiskus zurück im Rampenlicht

Wirtschaftliche Gesamtsituation
Verschiedene gleichlaufende Konjunkturindikatoren – wie etwa Nowcasting-Indikatoren für die USA und Europa – zeigen sich weiterhin widerstandsfähig, da Verbraucher und Unternehmen ihre Einkäufe vor Inkrafttreten der Zölle vorzogen. Zudem sind die global weiterhin sehr gute Liquiditätsversorgung und die sich wieder erholenden Aktienmärkte eine wichtige Stütze für das Wirtschaftswachstum. Die weiterhin hohe Unsicherheit infolge der vielen Wendungen in der US-Zollpolitik sowie die global gestiegenen Zinsen bedeuten jedoch Gegenwind für die globale Konjunktur.
Aktuelle Entwicklungen: Zollgewitter und Schuldensturm
- Im Mai ging der US-Zollkrimi nach Präsident Trumps bekanntem Muster weiter – die Wall Street spricht bereits vom «TACO Trade»: Trump Always Chickens Out. Die angedrohte Zollerhöhung auf EU-Importe vom 23. Mai etwa wurde bereits zwei Tage später wieder verschoben – der Abverkauf an den Börsen dauerte entsprechend nur wenige Stunden.
- Der Anstieg langfristiger Renditen an den Bondmärkten rückte wieder in den Fokus. Die Märkte sind sich erneut der langfristigen finanziellen Risiken des US-Bundeshaushalts bewusst geworden, die mit Präsident Trumps geplantem «One Big Beautiful Bill Act» verbunden sind. Das Steuergesetz würde die US-Verschuldung in den nächsten zehn Jahren um weitere geschätzte 4 bis 5 Billionen US-Dollar erhöhen.
- Auch in Japan haben anhaltend hohe Inflationsraten, Diskussionen über Senkungen der Mehrwertsteuer und die graduelle quantitative Straffung der Notenbank (BoJ) zu einem Ausverkauf langfristiger Staatsanleihen (JGBs) geführt. Nur nachdem dieBoJ weitere Zinserhöhungen in Aussicht stellte und die Behörden weniger Emissionen langlaufender JGBs signalisierten, hat sich die Lage stabilisiert.
Einschätzung & Ausblick: Fiskalpower mit Nebenwirkungen?
- Nicht nur von den Märkten, auch von der Justiz kommt Widerstand gegen die Zollpolitik der Trump-Regierung: Das «U.S. Court of International Trade» erklärte die reziproken Zölle für verfassungswidrig, was von Präsident Trump vor dem Bundesberufungsgericht erfolgreich angefochten wurde und wohl noch vor den Obersten Gerichtshof gelangen wird. Die reziproken Zölle von 10 Prozent gegen praktisch alle Handelspartner bleiben also vorerst bestehen. Zudem kann die US-Regierung auch über andere Wege Strafzölle auf einzelne Länder erheben. Trotzdem schafft die Lage zusätzliche Unsicherheit, was die Verhandlungen über Handelsabkommen verlangsamen könnte.
- Ein zentrales Problem der US-Fiskalpolitik besteht darin, dass sie zunehmend prozyklisch wirkt – trotz Vollbeschäftigung beträgt das US-Haushaltsdefizit unglaubliche 7 Prozent des BIP. Diese Entwicklung begann unter Präsident Trumps erster Amtszeit, als Steuersenkungen und höhere Defizite trotz robuster Konjunktur beschlossen wurden – ein Trend, der nun mit dem neuen Steuergesetz fortgeführt werden könnte. Folgerichtig beginnen die Bondmärkte, höhere Laufzeitprämien («term premia») zu verlangen, was die langfristigen US-Staatsanleihenrenditen nach oben drückt. Ein weiterer Risikofaktor ist die Aufhebung der Schuldenobergrenze im August 2025, was zu einer massiven Angebotssteigerung von T-Bonds führen wird.
- Besondere Aufmerksamkeit erlangte Sektion 899 des geplanten US-Steuergesetzes: Der Passus würde ermöglichen, ausländische Investoren bei «unfairen Steuermethoden» gegenüber Amerika mit deutlich höheren Verrechnungssteuern auf Zinserträge oder Dividenden in den USA zu belegen. Dies würde die Rendite auf US-Vermögenswerte verringern und zu Kapitalabflüssen, einem schwächeren US-Dollar und höheren langfristigen Zinsen führen.
- Die Fed befindet sich in einer schwierigen Lage, da die US-Zollpolitik stagflationär wirkt. Während die prozyklische Fiskalpolitik konjunkturelle Abwärtsrisiken abfedert, verschärft sie zugleich den Inflationsdruck. Bis Ende 2026 preisen die Märkte vier weitere Leitzinssenkungen ein. Falls weitere Zinsschritte herausgepreist würden, könnte dies weiteren Zinsaufwärtsdruck bedeuten.
Positionierung: Stabilität auf dünnem Eis
- Die globale Konjunktur zeigt sich dank guter Liquiditätsversorgung weiterhin widerstandsfähig. Kurzfristig wirken jedoch die erratische US-Zollpolitik, gestiegene Zinsen und fiskalische Risiken zunehmend bremsend – das weltwirtschaftliche Umfeld bleibt fragil und von hoher Unsicherheit geprägt.
- Nach der kräftigen Erholung an den globalen Aktien- und Kreditmärkten sehen wir kurzfristig ein begrenztes Aufwärtspotenzial. Die Bewertungen haben sich nach dem Erreichen von Mehrjahrestiefs im April rasch erholt, während die Renditen von US-Staatsanleihen gestiegen sind. Somit ist die Aktienrisikoprämie wieder auf 0 Prozent gefallen und insbesondere US-Aktien preisen nun wieder nahezu perfekte Rahmenbedingungen ein. Vor dem Hintergrund noch stützender Liquiditätsversorgung, aber fiskalischer und konjunktureller Risiken in den USA empfehlen wir eine Positionierung in einer neutralen Bandbreite.
- Bei US-Treasuries bleiben wir aufgrund mehrerer struktureller Belastungsfaktoren vorsichtig: Die anhaltend expansive Fiskalpolitik der USA erhöht die Laufzeitprämien – Anleger fordern zunehmend höhere Kompensation für längerfristige Risiken. Gleichzeitig treffen Wachstumssorgen auf anhaltenden Preisdruck, was die Attraktivität nominaler Staatsanleihen weiter schmälert. Zudem droht eine massive Angebotswelle infolge der erwarteten Anhebung der US-Schuldenobergrenze ab August 2025.
- Der US-Dollar bleibt ein zentrales Risiko für langfristige Auslandsinvestitionen in US-Anlagen. Über ein Jahrzehnt lang profitierten sie vom Dollar-Carry-Trade – also vergleichsweise hohen US-Zinsen und einer stetigen Aufwertung des Dollars – sowie von der Outperformance der US-Aktienmärkte. Doch der Greenback ist inzwischen stark überbewertet. Das massive Leistungsbilanzdefizit, eine unberechenbare Handelspolitik, der fiskalisch nicht tragfähige Kurs und die sinkende Nachfrage aus dem Ausland dürften den US-Dollar langfristig belasten.
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