Kapitalmarktprognosen für die kommenden sechs Monate

Felix Herrmann, ARAMEA Asset Management
Felix Herrmann, ARAMEA Asset Management
Die Risikoaufschläge am europäischen Rentenmarkt sind geringer geworden – insbesondere in den riskanteren Bereichen wie High-Yield- oder Nachranganleihen. Aus unserer Sicht sind die Spreads deshalb aber noch lange nicht übermäßig eng. Insofern bleiben wir weiterhin positiv gestimmt für diese Anleihesegmente. Bei der Portfolio-Allokation berücksichtigen wir aber dennoch, dass Senior-(Investment-Grade-)Papiere tendenziell günstiger zu haben sind als Hochzins- oder Nachranganleihen.

Am US-Rentenmarkt bewerten wir die Situation etwas anders. Hier ist der Spread für den breiten Markt deutlich näher am Rekordtief. Kurz laufende US-Dollar-Anleihen hoher Bonität wie etwa US-Staatsanleihen bieten hingegen weiterhin ein attraktives Rendite-Risiko-Profil. Die Zinskurven dürften sich aus unserer Sicht sowohl in den USA als auch in der Eurozone in den kommenden Monaten etwas normalisieren. In Sachen Durationsmanagement stehen Anleger dadurch fortgesetzt vor der Herausforderung, die besonders kurzfristig hohe Attraktivität kürzer laufender Anleihen mit der Notwendigkeit, sich das höhere Zinsniveau auch am langen Ende zu sichern, in Einklang zu bringen.

Für den breiten Aktienmarkt bleib wir positiv gestimmt. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen: Die Rally gewinnt an Breite. Außerdem liefern die Unternehmen weiterhin verlässlich starke Unternehmenszahlen. Dazu kommen die erwarteten Zinssenkungen der Notenbanken. Darüber hinaus liegen in Geldmarktfonds derzeit mehr als 6 Billionen US-Dollar. Dieses Geld wird bei fallenden Geldmarktzinsen wieder „zur Arbeit geschickt“ – sprich: investiert. Da europäische Aktien mit einem Rekordabschlag gegenüber US-Aktien handeln, bevorzugen wir verstärkt Engagements in Europa.

Der Blick auf die einzelnen Anlageklassen – Unsere Einschätzungen für…

  • Aktien Europa
    Europäische Aktien handeln mit einem Rekordabschlag gegenüber US-Aktien. Das allein macht ein Übergewicht europäischer Aktien fast zu einer „Pflichtposition“. Der zyklische Aufschwung der Wirtschaft, der anstehen dürfte, könnte weiteren Rückenwind liefern und perspektivisch auch die Breite der Rally erhöhen. Kurzfristig droht nach dem starken Jahresstart etwas Rückschlagpotenzial.
  • … Aktien USA
    US-Aktien sind teuer. Die Mega-Caps sind sogar besonders teuer. Dennoch sind es vor allem diese Unternehmen, die von den aktuellen Megatrends profitieren. Sie werden daher weiterhin eine wichtige und womöglich sogar immer größere Rolle in vielen Portfolien spielen. Ähnlich wie bei europäischen Titeln ist kurzfristig weniger Aufwärtsdynamik zu erwarten.  
  • … 10-jährige deutsche Staatsanleihen
    Wir rechnen mit einem moderaten Rückgang der zehnjährigen Bundrenditen aufgrund des wohl bald beginnenden Senkungszyklus der Europäischen Zentralbank. Insgesamt dürfte aufgrund der erhöhten Inflation sowie der gestiegenen Laufzeitprämie das Abwärtspotenzial aber begrenzt sein.
  • … 10-jährige US-Staatsanleihen
    Für die US-Zinsen gilt fast das Gleiche wie für die Bundzinsen – nur auf einem etwas höheren Niveau und mit leicht anderen Vorzeichen. Die US-Notenbank Federal Reserve könnte womöglich dazu tendieren, die Zinsen nicht schon im Juni zu senken. Aus diesem Grund besteht die realistische Möglichkeit, dass sich der Spread zwischen beiden Seiten des Atlantiks etwas ausweitet.
  • … Gold
    Gold hat eine bemerkenswerte Rally hinter sich – auch dank einer hohen Zentralbanknachfrage. Die Aussicht auf fallende Realzinsen in den USA spricht für weiteren Rückenwind.
  • … Öl
    Eine politisch motivierte Verknappung des Ölangebots steht einer stagnierenden Nachfrage angesichts der schwachen Konjunktur gegenüber. Der Ölpreis dürfte seitwärts tendieren, wobei hier die Annahme mit einfließt, dass der Nahostkonflikt nicht noch einmal weiter eskaliert.
  • … Euro/US-Dollar
    Aufgrund der Aussicht auf nun frühere Leitzinssenkungen in der Eurozone im Vergleich zu den USA steht nun keine Euro-Aufwertung in unserer Prognosetabelle. Vielmehr dürfte die US-Währung in den nächsten sechs Monaten leicht zulegen können.

Grafik: Unsere Prognosen

Quelle: ARAMEA Asset Management, Stand: 28. März 2024
Felix Herrmann ist Chefvolkswirt von ARAMEA Asset Management